Vektorprodukt von Vektoren
Vektorielles oder äußeres Produkt
Zahlen können addiert und multipliziert werden. Für Vektoren, die ja eigentlich durch Pfeile repräsentiert sind, existiert die anschauliche Parallelogrammregel für die Addition. Wie steht es aber mit der Multiplikation zweier Vektoren? Gibt es dafür einen sinnvollen Grund? Und wenn ja, wie multipliziert man Pfeile? Die Antwort ist ja und verbindet sich selbstverständlich mit mathematischen Definitionen! Es gibt deren sogar drei, nämlich das skalare, vektorielle und dyadische Produkt. Dieses Kapitel widmet sich der zweiten Antwort, kurz als Vektorprodukt bezeichnet. Die erste Antwort gibt ein weiteres Kapitel zum Thema Vektoren (Skalarprodukt). Das dyadische Produkt wird in der Matrizenrechnung behandelt.
Zur anschaulichen Einführung betrachten wir ein Elektron, das sich in einem homogenen Magnetfeld bewegt. Das Magnetfeld wird durch einen Vektor , der magnetischen Kraftflussdichte, beschrieben (siehe Lehrbücher der Physik, z.B. die im Literaturverzeichnis angegebenen). Die Geschwindigkeit des Elektrons – ebenfalls ein Vektor – sei . Die Ladung des Elektrons ist bekanntlich die skalare Größe , wobei die Elementarladung bezeichnet. Unter den geschilderten Umständen wirkt auf das Elektron eine Kraft , die so genannte Lorentz-Kraft. Sie ist durch Magnetfeld, Geschwindigkeit und Ladung des Elektrons wie folgt bestimmt: steht senkrecht auf und , und zwar so, dass die Vektoren , , in dieser Reihenfolge ein Rechtssystem (siehe Voraussetzung „Rechts- und linkshändige Basen und Koordinatensysteme”) bilden; der Betrag von ist gegeben durch
wobei den kleineren Winkel zwischen und bezeichnet. In der folgenden Abbildung ist dies dargestellt:
Da es häufiger vorkommt, dass sich ein Vektor aus zwei anderen berechnet, wie aus und , definiert man allgemein: Seien und zwei beliebige Vektoren im dreidimensionalen Raum. Das Vektorprodukt , äußeres Produkt oder Kreuzprodukt (sprich: u kreuz v) stellt dann einen Vektor dar, der folgende Eigenschaften besitzt:
- steht senkrecht zur von und aufgespannten Ebene
- , , bilden in dieser Reihenfolge ein rechtshändiges System
- Für seinen Betrag gilt ist der kleinere Winkel zwischen und .
- Warnung
- Das Vektorprodukt ist eine Besonderheit des dreidimensionalen Raumes. Es läßt sich nicht auf niedrigere oder höhere Dimensionen übertragen.
Im obigen Beispiel können wir also schreiben:
Geometrische Deutung des Kreuzproduktbetrages
Für den Betrag des Kreuzprodukts gibt es eine anschauliche Interpretation. Betrachten wir folgende Zeichnung:
Dargestellt ist das von den Vektoren und und ihren verschobenen Duplikaten begrenzte Parallelogramm. Man nennt es auch das von und aufgespannte Parallelogramm. Sein Flächeninhalt ist bekanntlich das Produkt aus Grundlinie und Höhe, also . Die Höhe aber ergibt sich aus . Demnach ist der Flächeninhalt gleich . Die rechte Seite ist offenbar nichts anderes als .
- Betrag des Vektorprodukts
- Der Betrag von ist gleich dem Flächeninhalt des von und aufgespannten Parallelogramms.
Axiale und polare Vektoren
Führen wir eine Koordinatentransformation durch, wobei die Richtungen der Koordinatenachsen umgekehrt werden, d.h.
aber ein Ortsvektor im Raum fest bleibt (passive Transformation), bekommt der Vektor die Koordinaten
bezüglich des umgekehrten Koordinatensystems. Ein Ortsvektor und auch andere Vektoren, deren Vorzeichen sich unter Umkehrung des Koordinatensystems ändern, nennt man polare Vektoren.
Der Drehimpuls
ist das Kreuzprodukt zweier polarer Vektoren. Unter Umkehrung des Koordinatensystems ist der Drehimpulsvektor bezüglich des neuen Koordinatensystems gegeben durch
d.h. das Vorzeichen wird nicht geändert. Vektoren mit dieser Eigenschaft nennt man axiale Vektoren.
- Beispiel
Die Lorentz-Kraft
ist das Kreuzprodukt eines polaren Vektors und eines axialen Vektors . Unter Umkehrung des Koordinatensystems ergibt sich
d.h. ist ein polarer Vektor.