Metallorganische Elementarschritte
Oxidative Addition - Reduktive Eliminierung
Bei oxidativen Additionsreaktionen lagert sich ein Substratmolekül X-Y unter Bindungsbruch an einen niedrigvalenten Metallkomplex an. Im Ergebnis werden die Koordinationszahl, die Oxidationsstufe sowie die Anzahl der Valenzelektronen von M um jeweils zwei Einheiten erhöht. Die umgekehrte Reaktion heißt reduktive Eliminierung.
Somit sind für oxidative Additionen strukturelle und elektronische Voraussetzungen, dass [M] koordinativ und elektronisch ungesättigt ist, über ein nichtbindendes Elektronenpaar verfügt sowie in eine um zwei Einheiten höhere Oxidationsstufe übergehen kann.
Sehr häufig sind oxidative Additionsreaktionen bei d8- und d10-Komplexen anzutreffen. Dabei erfolgt ein Wechsel von einer quadratisch-planaren Koordinationsgeometrie in eine oktaedrische (MII → MIV, M = Pd, Pt; MI → MIII, M = Rh, Ir) bzw. von einer linearen/gewinkelten in eine quadratisch-planare (M0 → MII, M = Pd, Pt; MI → MIII, M = Au). Typische Substrate sind Wasserstoff H-H, Halogene X-X (X = Cl, Br, I) Halogenwasserstoffe H-X und Halogenkohlenwasserstoffe R-X (R = Alkyl, Aryl, Vinyl, Alkinyl,...). Bei Kohlenwasserstoffen und Silanen führt die oxidative Addition zur Aktivierung von C-H- bzw. Si-H-Bindungen, gegebenenfalls auch von C-C- bzw. Si-Si-Bindungen.
Mechanismus
Oxidative Additionsreaktionen weisen eine große mechanistische Vielfalt auf: Sie können nach einem radikalischen oder ionischen Mechanismus oder im Sinne einer -Reaktion ablaufen. Bindungsbildung (M-X/M-Y) und -bruch (X-Y) können auch synchron erfolgen (konzertierter Mechanismus). Einleitender Schritt der Reaktion kann eine Koordination des Substrates als σ-Komplex oder eine agostische C-H-M-Wechselwirkung zwischen Substrat und [M] sein.
Oxidative Additionsreaktionen, die im Sinne von -Reaktionen ablaufen, sind Folgereaktionen. Sie sind prinzipiell auch bei 8-Valenzelektronenkomplexen möglich, wobei die Addition von X- dann erst im zweiten Schritt unter Ligandabspaltung erfolgt. Die Reaktion kann auch auf der ersten Stufe stehen bleiben und X- wird überhaupt nicht koordiniert. Auch solche Reaktionen können im erweiterten Sinne als oxidative Additionen bezeichnet werden, sind aber genauer als nucleophile Substitution von X durch M oder als elektrophiler Angriff an das Metall zu betrachten.
Setzt man anstelle von Substraten X-Y (siehe oben) solche mit einer Doppelbindung X=Y ein, bleiben nach erfolgter oxidativer Addition X und Y durch eine Einfachbindung verbunden:
Ob eine Formulierung als oxidative Addition gerechtfertigt ist, oder ob das Reaktionsprodukt besser als π-Komplex zu beschreiben ist, muss im Einzelfall aus spektroskopischen und/oder strukturellen Untersuchungen oder auch aus quantenchemischen Rechnungen entschieden werden.
Typische reduktive Eliminierungen von , , , entsprechen der Umkehrung der zuvor beschrieben oxidativen Additionsreaktionen. Sehr wichtig sind aber auch reduktive Eliminierungen unter Knüpfung von C-H- oder C-C-Bindungen. Die umgekehrten Reaktionen, oxidative Additionen von (nicht aktivierten) - und -Bindungen, konnten bislang nur in einigen Fällen realisiert werden.
- Beispiel
Der Vaska-Komplex zeigt zahlreiche oxidative Additionsreaktionen. wird über einen Diwasserstoff-Komplex als Zwischenverbindung addiert (konzertierter Mechanismus). Die oxidative Addition von Methylhalogeniden vollzieht sich in einer -Reaktion. Primär wird der trans-Komplex gebildet.