Radikalische Substitution
Radikalische Substitution
Radikalische Substitutionsreaktionen unterscheiden sich grundlegend von Substitutionen polaren Charakters, wie die elektrophilen und nucleophilen Substitutionsreaktionen.
- Abb.1
- Reaktionen an C-Atomen
Vergleich zwischen elektrophilem (rot), nukleophilem (blau) und radikalischem Angriff (violett)
Radikale attackieren die Peripherie eines Moleküls; in den meisten Fällen die Wasserstoff-Atome einer C-H-Bindung. Im Gegensatz dazu greifen bei den polaren Substitutionen die Teilchen eine elektrophile bzw. nucleophile Position im Molekül an. Im Folgenden wird die radikalische Substitutionsreaktion am Beispiel der Chlorierung von Methan betrachtet und untersucht, was sich ändert, wenn höhere Alkane chloriert oder Methan mit anderen Halogenen (Fluor, Brom, Iod) radikalisch substituiert wird.
Radikalische Chlorierung von Methan
Gibt man Methan und Chlorgas im Dunkeln bei Raumtemperatur zusammen, so beobachtet man keine Reaktion. Wird dieses Gemisch jedoch auf 300 °C erwärmt oder mit ultraviolettem Licht bestrahlt, so tritt eine heftige Reaktion ein, und es wird als Produkt ein Gemisch aus chlorierten C1-Verbindungen und Chlorwasserstoff erhalten.
Das Produktverhältnis der Reaktion hängt von der zugesetzten Chlormenge und von der Dauer der Energieeinwirkung ab. Bestimmt man das Produktverhältnis als Funktion der Zeit, zeigt sich, dass Chlormethan (CH3Cl) natürlich als erstes entsteht. Nach einer langen Reaktionszeit und bei überschüssiger Chlormenge dagegen wird alles Methan zu Tetrachlorkohlenstoff (CCl4) umgesetzt. Chlormethan (CH3Cl), Dichlormethan (CH2Cl2)) und Chloroform (CHCl3) sind intermediäre Zwischenprodukte. Für das Verständnis der Reaktion ist es hilfreich, eine genauere Energiebetrachtung vorzunehmen. Das kann über die Reaktionsenthalpie und durch einen Vergleich der Dissoziationsenergien der zu brechenden und neu zu bildenden Bindungen erfolgen.
Die Bildungswärmen der Edukte und Produkte, die aus Tabellenwerken entnommen werden können, sind jeweils unter den einzelnen Verbindungen in der Graphik angegeben. Aus ihnen errechnet sich die Reaktionswärme zu -99,4 . Die Reaktion ist also stark exotherm.
Zu dem gleichen Ergebnis kommt man auch, wenn man die Dissoziationsenergien ΔH Diss der beteiligten Bindungen betrachtet. Der errechnete Wert von -104,5 ist in guter Übereinstimmung mit der Berechnung der Reaktionsenthalpie aus den Bildungswärmen.
Die Exothermie der Reaktion bedeutet aber nicht notwendigerweise, dass die Reaktion z.B. bei Raumtemperatur mit messbarer Geschwindigkeit abläuft. Die Geschwindigkeit einer Reaktion hängt ausschließlich von ihrer Aktivierungsenergie ab, die in diesem Fall offensichtlich groß sein muss. Um nun den Verlauf der Reaktion zu verstehen, muss man den Reaktionsmechanismus der Chlorierung von Methan analysieren.