Aufklärung von Reaktionsmechanismen - Kinetische Isotopeneffekte
Primäre kinetische Isotopeneffekte - PKI
Die Reaktionsgeschwindigkeit einer chemischen Reaktion wird durch die Geschwindigkeit ihres langsamsten Teilschrittes (Elementarreaktion) bestimmt. Die Aktivierungsenergie dieses so genannten geschwindigkeitsbestimmenden Schrittes ist die höchste aller Teilschritte. Dabei ist die Reaktionsgeschwindigkeit über die Arrhenius-Gleichung (hier für eine einstufige Reaktion) mit der Aktivierungsenergie verknüpft:
ln k = - / RT + ln A
mit k = Geschwindigkeitskonstante der Reaktion, R = allgemeine Gaskonstante, T = Temperatur in Kelvin und A = konstant.
Je größer die Aktivierungsenergie desto kleiner ist die Reaktionsgeschwindigkeit. Die Reaktionsgeschwindigkeit der Gesamtreaktion kann durch Absenkung der Aktivierungsenergie des geschwindigkeitsbestimmenden Schrittes erhöht werden. Eine Absenkung der Aktivierungsenergie eines oder mehrerer der übrigen Reaktionsschritte beeinflusst die Geschwindigkeit der Gesamtreaktion praktisch nicht, da nach wie vor alle Reaktanden den unveränderten langsamsten Schritt durchlaufen müssten.
- Abb.1
- Beispiele für primäre kinetische Isotopeneffekte
Oben) Lit. [1], Mitte) Lit. [2], Unten) Lit. [3].
Der primäre kinetische Isotopeneffekt besteht in der Senkung der Geschwindigkeit der Gesamtreaktion nach einem H/D-Austausch, wenn die X-H-/X-D-Bindung (X z.B. C, O, N oder S etc.) im Laufe des geschwindigkeitsbestimmenden Schrittes gespalten wird. Die Ursache für den Effekt ist die durch den H/D-Austausch hervorgerufene Erhöhung der Aktivierungsenergie für diesen Teilschritt. Durch das Auftreten eines primären kinetischen Isotopeneffektes wird gleichzeitig der Reaktionsschritt, in dem die X-H-/X-D-Bindung gespalten wird, als der geschwindigkeitsbestimmende Schritt der Reaktion identifiziert. Tritt trotz H/D-Austausch kein kinetischer Isotopeneffekt auf, ändert sich die Reaktionsgeschwindigkeit also nicht, so wird die X-H-/X-D-Bindung nicht im geschwindigkeitsbestimmenden Schritt gespalten.
Die Identifizierung des geschwindigkeitsbestimmenden Schrittes ist für den Chemiker oft von großer Bedeutung. Durch die Stabilisierung (Absenkung der Energie und damit auch der Aktivierungsenergie ) des Übergangszustandes dieses Schrittes kann nämlich die Geschwindigkeit der Gesamtreaktion erhöht werden (Katalyse). Wenn dagegen nur die Übergangszustände der übrigen Reaktionsschritte stabilisiert werden, ändert sich die Geschwindigkeit der Gesamtreaktion nicht.
Literatur
- Wiberg, K.B., Slaugh, L.H., J. Am. Chem. Soc. 1958, 80, 3033.
- Saunders Jr., W.H., Ashe, T.A., J. Am. Chem. Soc. 1969, 91, 4473.
- Lynch, R.A., Vincenti, S.P., Lin, Y.T., Smucker, L.D., Subba Rao, S.C., J. Am. Chem. Soc. 1972, 94, 8351.