Volumen realer Mischungen
Definition des partiellen molaren Volumens
Der Unterschied zwischen den Volumina realer und idealer Mischungen beruht aus molekularer Sicht auf den zwischenmolekularen Exzesswechselwirkungen. Die thermodynamische Beschreibung dieser Effekte geschieht mit den sogenannten partiellen molaren Größen, die für jede extensive physikalisch-chemische Variable definierbar sind.
Das mathematische Rüstzeug ist - wie üblich in der Thermodynamik - das totale Differenzial einer Funktion von mehreren unabhängigen Variablen. Wir beschränken uns auf binäre Systeme, da sie sich mit wenig Schreibarbeit das Prinzipielle erkennen lassen. Mischungsvolumina sind besonders geeignet, um die thermodynamische Vorgehensweise bei realen Systemen verstehen zu lernen.
Totales Differenzial von
Startpunkt der mathematischen Betrachtung ist das totale Differenzial des Mischungsvolumens
mit als partielles molares Volumen der Komponente .
Praktische Bedeutung des partiellen molaren Volumens
Die partielle Differenziation hat im Fall des Volumens eine sehr anschauliche Bedeutung. Wir messen bei konstanter Zusammensetzung der Mischung den Volumenzuwachs bei Zugabe einer sehr kleinen Stoffmenge oder . Hierfür eignet sich am Besten ein modernes Vibrationszellen-Densitometer. Aus der gemessenen Dichteänderung und der Masse der Mischung erhalten wir (Genauigkeit bis zu ). Derart apparativ vorbereitet, wird folgendes Grundexperiment durchgeführt.
- Tab.1
- Grundexperiment zum partiellen molaren Volumen.
Schritt | Aktion | Ergebnis |
---|---|---|
A | Stelle ein großes Volumen mit dem Mischungsverhältnis : her | |
B | Nimm einen Teil der Mischung A und addiere vom Stoff 1 mit | |
C | Berechne Falls kleiner als die Messgenauigkeit ist, dann gehe nach D Andernfalls nimm neue Menge Stoff 1 mit und gehe nach B zurück | Differenzenquotient |
D | Trage die 3-4 gemessenen Werte gegen auf und extrapoliere auf | Grenzwert für |
Das Ergebnis des Grundexperiments ist mathematisch gesehen der Grenzwert:
Die so praktisch bestimmte Größe ist das partielle molare Volumen des Stoffes 1 bei der Zusammensetzung (,) der Mischung. Das Adjektiv partiell kommt nicht aus dem "blauen Himmel" herunter, sondern direkt aus der Mathematik! Dies wird erkennbar, wenn wir den Grenzwert mit formulieren:
Das Experiment kann in gleicher Weise mit kleinen Stoffmengen durchgeführt werden. Das Ergebnis ist das partielle molare Volumen des Stoffes 2.
Totale Änderung des Mischungsvolumens
Experiment und Mathematik liefern insgesamt das Ergebnis:
Was haben wir mit dieser Gleichung gewonnen? Zunächst einmal nicht vielmehr als die Aussage, dass sich mit bekannten Werten und die gesamte Volumenänderung der realen Mischung bei Zugabe von und berechnen lässt gemäß des folgenden Zusammenhangs:
Um dies für beliebige Zusammensetzungen (,) tatsächlich tun zu können, müssten wir allerdings für alle diese Mischungen die Werte und kennen. Das ist aber jetzt noch nicht der Fall, denn gedanklich haben wir ja nur zwei Grundexperimente bei gegebenem Wertepaar (,) durchgeführt.
Bevor wir nun eine Riesenserie von Messungen nach obigem Schema starten, betreiben wir im nächsten Abschnitt noch etwas Mathematik. Es wird sich zeigen, dass sich die partiellen molaren Volumina und aus dem über den gesamten Stoffmengenbereich gemessenen Mischungsvolumen berechnen lassen.