Grundlagen der modernen kernmagnetischen Resonanz
HF-Impuls
Eine NMR-Messung beginnt mit dem Einstrahlen eines HF-Impulses (). Dazu wird für eine kurze Zeit (Impulslänge) ein Wechselstrom in die HF-Spule des Spektrometers gespeist. Seine Frequenz liegt in der Nähe der Larmor-Frequenz des untersuchten Atomkerns, es gilt
- Abb.1
- Magnetisches Wechselfeld
Der Wechselstrom erzeugt innerhalb des Spulenvolumens ein magnetisches Wechselfeld , das in (Abb. 1) durch den violetten Vektor dargestellt ist (wie auch in allen Animationen des NMR-Simulators). Seine Länge und sein Richtungssinn ändern sich periodisch mit . Es wird dabei angenommen, dass alle Kerne der Messprobe die gleiche Feldstärke erfahren (homogenes -Feld im Innern der Spule).
Die gewünschte Homogenität des -Feldes ist in der Praxis allerdings nur dann gegeben, wenn das Spulenvolumen deutlich größer ist als das Volumen der Messprobe im Zentrum der Spule.
HF-Feldvektor als Summe zweier rotierender Vektoren
Wir betrachten nun den -Vektor etwas näher:
Für die -Komponente kann folgende äquivalente Formulierung angesetzt werden:
Dieser Ansatz führt zu einem -Feld, welches aus zwei entgegengesetzt rotierenden -Feldern (,) herrührt.
- Abb.2
- zerlegt in zwei Vektoren konstanter Länge
und sind zwei Vektoren konstanter Länge, die mit gleicher Kreisfrequenz aber gegenläufigem Drehsinn in der --Ebene (LKS) rotieren. Ihre Summe ergibt zu jedem Zeitpunkt das Wechselfeld.
Einer der beiden rotierenden Feldvektoren hat, je nach dem Vorzeichen des gyromagnetischen Verhältnisses des jeweiligen Atomkerns, den gleichen Drehsinn wie die Larmor-Präzession der Kernmomente. Im Fall der Resonanz, d.h. wenn gilt, erscheint dieser rotierende Feldvektor den Kernmomenten als ein schwaches konstantes Feld (da ). Folglich entsteht durch das HF-Feld zusätzlich zur Larmor-Präzession um das -Feld eine Präzessionsbewegung um das -Feld oder -Feld mit folgender Kreisfrequenz:
Während der Einschaltzeit des Wechselfeldes drehen sich also alle Kernmomente (und damit auch der makroskopische Dipolmomentvektor) zusätzlich um eine Achse in der --Ebene des Laborkoordinatensystems um den Winkel
Dieser Winkel trägt den Namen HF-Drehwinkel (engl. flip angle "Drehwinkel"). Wird die Einschaltzeit des Wechselfeldes gemäß Gleichung gewählt (-Impuls oder -Impuls), so dreht sich z.B. der makroskopische Dipolmomentvektor , was der makroskopischen Magnetisierung im thermischen Gleichgewicht entspricht, genau in die --Ebene.
Ein typischer Wert für ist . Damit ergibt sich für der Wert . In der NMR-Praxis ist es üblich, mit diesem Frequenzmaß die Stärke des -Magnetfeldes anzugeben.
HF-Impulsparameter
Neben ihrer Länge und Stärke (bestimmt durch die Leistung des HF-Impulsverstärkers) sind die HF-Impulse noch durch ihre Phase relativ zum Referenzsignal des phasenempfindlichen Detektors gekennzeichnet (siehe auch Rotierendes Koordinatensystem, RKS). Sie ist ein wichtiger Parameter der Impulse bei NMR-Messungen, bei denen die Aufnahme des FID-Signals erst nach Einstrahlung einer Sequenz von mehreren HF-Impulsen erfolgt. Darunter fallen z.B. zusammengesetzte Impulse (engl. composite pulses) sowie Impulssequenzen für die Bestimmung der -Relaxationszeit und mehrdimensionale NMR-Spektroskopie.