Bakterientoxine
Bakterientoxine
- Definition
- Bakterien sind Prokaryonten mit relativ einfachen Zellstrukturen, die keine subzellulären Kompartimentierungen aufweisen. Ihre Beschreibung erfolgt nach morphologischen und biochemisch-physiologischen Charakteristika. Bakterien können zumeist auf Nährböden gezüchtet werden und sie vermehren sich durch Zweiteilung. Die Mehrheit der Bakterien lebt heterotroph, jedoch besitzen einige die Fähigkeit Licht als Energiequelle zum Wachsen zu nutzen; man nennt diese photoautotroph.
Bakterien werden gemäß internationaler Konventionen eingeteilt nach
- ihrer mikroskopisch bestimmbaren Gestalt,
- der Färbbarkeit nach Gram und
- anaerobem oder aerobem Wachstum.
- Abb.1
- Bacillus megaterium, ein sehr großes Bakterium
Bakterien weisen die unterschiedlichsten Größen und Formen auf, z.B. runde (Cocci), Stäbchen (Bacilli) oder Spiralen (Spirillaceae). Die Form eines Bakteriums wird durch die Flexibilität der Zellwand bestimmt.
Die photoautotrophen Bakterien werden unterteilt in anoxygene und oxygene Spezies. Zu ersteren gehören schwefelhaltige (z.B. Chromatiaceae) und schwefelfreie Purpurbakterien (z.B. Rhodospirillaceae) sowie Grüne Schwefelbakterien (z.B. Chlorobiaceae). Sie kommen im Meer- und Süßwasser vor. Sie weisen eine charakteristische Eigenfarbe auf, die von den photosynthetischen Pigmenten, wie Bakteriochlorophyllen und Carotenoiden, herrührt.Cyanobakterien sind in der Lage, lichtinduziert Wasser zu spalten und molekularen Sauerstoff freizusetzen. Ihre blaugrün-violette Farbe verdanken sie ebenfalls den Photosynthese-Chromophoren, wie Chlorophyllen und Phycobilinen. Dabei werden die gelb-orange-rot gefärbten Carotinoide überdeckt.
Gemeinsames morphologisches Merkmal der photoautotrophen Bakterien gegenüber allen übrigen ist u.a., dass sie intracytoplasmatische Membranen aufweisen, die höchstwahrscheinlich durch Einstülpungen aus der Plasmamembran entstanden sind. Diese so genannten Chromatophoren (bei anoxygenen) oder Thylakoid-Membranen (bei oxygenen) können vesikuläre, tubuläre oder lamellare Form einnehmen und sie beherbergen die molekularen Komponenten der photosynthetischen Elektronentransportkette.
Unter bestimmten Bedingungen können manche Bakterien, wie Bacillus anthracis, Sporen ausbilden, die gegen z.T. extreme Umweltbedingungen wie Kälte, Hitze, Trockenheit, chemische Behandlung oder Bestrahlung resistenter sind als die vegetativen Formen. Viele Bakterien können in Tieren und beim Menschen Krankheiten hervorrufen, indem sie in deren Gewebe bzw. in Zellen eindringen und dort in den Zellstoffwechsel eingreifen. Andere produzieren Toxine, die von anderen Organismen aufgenommen werden. Viele schädliche (pathogene) Bakterien verwenden beide Mechanismen.
Bei einigen Erkrankungen stellen Bakterientoxine die entscheidenden auslösenden Faktoren dar, so beispielsweise bei der Cholera oder der Diphtherie. Bakterielle Toxine werden eingeteilt in Endotoxine und Exotoxine. In der folgenden Tabelle sind einige Beispiele zusammengefasst.
- Tab.1
- Bakterielle Toxine, verursachender Mikroorganismus, Toxin und Wirkungsmechanismus sowie Therapiemöglichkeit
Bakteriell verursachte Krankheit | Verursachender Mikroorganismus | auslösendes Agens / Wirkungsort | Behandlung / Impfstoffe national / international verfügbar |
---|---|---|---|
Anthrax (Synonym: Milzbrand) | Bacillus anthracis | drei Polypeptid-Toxine: protektives Antigen (PA), Lethalfaktor (LF) und Endemafaktor | mit Antibiotika: Haut: Penicillin; Lunge und Darm: Ciprofloxacin; Doxycyclin |
Botulismus | Clostridium botulinum | Botulinus-Toxin, Proteine A (Toxin-Spezifität) und B / Neurotoxin, inhibiert die neuronale Erregungsübertragung an der neuromuskulären Endplatte | Neostigmin; Botulinus-Antitoxin (hohe Nebenwirkungsrate) / Impfstoff vorhanden |
Rotz | Burkholderia mallei, Burkholderia pseudomallei | Toxin(e) bislang noch nicht eindeutig geklärt | mit Antibiotika: Ceftazidim + Trimethoprim + Sulfamethoxazol / kein Impfstoff verfügbar |
Pest (Beulenpest; Lungenpest, Pest-Sepsis) | Yersinia pestis | Murin-Toxin (Atmungskettenblocker); Endotoxin (stark immunogen); tccC2 Genprodukt; tcaC1 Genprodukt; y3333-Genprodukt (RTX-Toxin) | Prophylaxe: Ciprofloxacin oder Doxycyclin; akut mit folgenden Antibiotika: Gentamycin oder Streptomycin; Chloramphenicol; Doxycyclin; Co-Trimoxazol / Impfstoffe vorhanden, Lebendvakzine umstritten wegen Virulenz |
Q (engl. query) -Fieber | Coxiella burnetii | Toxin(e) bislang noch nicht eindeutig geklärt, atypische Pneumonien; Endokarditis (selten) | mit Antibitika: Doxycyclin zuzüglich Rifampicin oder Chloroquin / Impfstoff vorhanden |
Tularämie (Synonyma: Hasenpest, Nagerpest, Lemmingfieber) | Francisella tularensis | Toxin(e) ist/sind noch nicht eindeutig bestimmt; Lymphadenitis; Pneumonie | mit Antibiotika: Streptomycin, alternativ Gentamycin, prophylaktisch: Doxycyclin oder Tetracyclin / Impfstoff ist in der Entwicklung |
Cholera | Vibrio cholerae | Cholera-Toxin (aus sieben Untereinheiten bestehendes Oligomer) / Eingriff in Signaltransduktionskette; kontinuierliche Aktivierung der Adenylat-Cyclase | nach WHO Gabe von salzhaltiger Glucose-Lsg. (20 g Glucose, 2,5 g NaHCO3, 3,5 g NaCl, 1,5 g KCl pro Liter) unterstützt durch Antibiotika-Gabe: Co-Trimoxazol, bei Resistenzen Doxycyclin oder Ciprofloxacin / Impfstoffe vorhanden |
Typhus | Salmonella typhi | u.a. SopE (G-Nucleotid-Austauschfaktor für rho-GTPasen) | mit Antibiotika: Ampillicin, Co-Trimoxacol; Chloramphenicol / Impfstoffe verfügbar |
Diphtherie | Corynbacterium diphteriae | Diphtherie-Toxin (61 kDa-Protein) / Inhibition der Proteinbiosynthese in Eukaryonten während der Elongation | mit Antibiotika: Benzylpenicillin, Erythromycin; Anti-Toxin-Gabe / Impfstoffe vorhanden |
Keuchhusten | Bordetella pertussis | Pertussis-Toxin (Exotoxin der A-B-Klasse bestehend aus sechs Untereinheiten) / primär: Keuchhusten; sekundär: Pneumonien, Mittelohrentzündung (Otitis media); Spätkomplikationen: Enzephalopathie (selten) | mit Antibiotika: Erythromycin; alternativ Amoxicillin / Impfstoffe vorhanden |