Diels-Alder-Reaktion und deren 3D-Visualisierung
Orbitalwechselwirkungen und energetische Betrachtung
Die Stereo- und Regioselektivität von Diels-Alder-Reaktionen lässt sich mit der Grenzorbitaltheorie (FMO: Frontier Molecular Orbital Theory), die ausgehend von der Störungstheorie entwickelt wurde, beschreiben. Dabei werden vereinfachend nur die an der Bildung der neuen Molekülorbitale beteiligten Grenzorbitale der Reaktanden, nämlich das HOMO (Highest Occupied Molecular Orbital) und das LUMO (Lowest Unoccupied Molecular Orbital) betrachtet.
Die (Abb. 1) zeigt den Energiegewinn bei den Grenzorbitalwechselwirkungen zwischen Butadien und Ethen im Übergangszustand.
Grenzorbitalwechselwirkung und Orbitalsymmetrie
Der Energiegewinn für die Gesamtreaktion (Bruttoreaktion) setzt sich entsprechend der von G. Klopman und L. Salem aus der Störungstheorie abgeleiteten Gleichung wie folgt zusammen:
- | Elektronendichten in den Atomorbitalen r und s | |
- | Resonanzintegral (Energiegewinn, der sich aus der gemeinsamen Nutzung von Elektronen durch die an der Bindung beteiligten Atomorbitale r und s ergibt) | |
- | Überlappungsintegral (Maß für die Effektivität der räumlichen Überlappung der beteiligten Atomorbitale) | |
- | Ladungen an Atomen a und b | |
- | Dielektrizitätskonstante | |
- | Abstand der Atome a und b | |
- | Koeffizient vom Atomorbital r bzw. s im Molekülorbital i bzw. j | |
- | Energie von Molekülorbitalen i bzw. j | |
- | Elektronenbesetzungszahlen der Molekülorbitale i und j (2, 1 oder 0) |
Für orbitalkontrollierte Reaktionen wie die Diels-Alder-Reaktion braucht näherungsweise nur der 3. Term in Gleichung zur Charakterisierung der Wechselwirkungsenergieänderung herangezogen werden. Im speziellen Fall, dass die Energiedifferenz zwischen den Frontorbitalen klein und folglich ihre Störung vergleichsweise größer als zwischen energetisch entfernten Orbitalen ist, spricht man auch von frontkontrollierten Reaktionen und berechnet vereinfachend nur den 3. Term für die Frontorbitale (das HOMO des Donors und das LUMO des Akzeptors):
Im Falle des Übergangszustandes einer einstufigen [4+2]-Cycloaddition sind die Grenzorbitale vom π-Typ (bei den Reaktanden Dien und Dienophil liegen die Reaktionszentren am -hybridisierten C-Atom). An jeder Grenzorbitalwechselwirkung sind zwei Orbitalfragment-Überlappungen beteiligt; eine am Terminuspaar und eine am Terminuspaar . Die energetische Stabilisierung des Übergangszustandes einer einstufigen Cycloaddition wird durch die beiden Grenzorbitalwechselwirkungen folgendermaßen beschrieben:
: Linearkoeffizient vom Atomorbital 1 im HOMO-Molekülorbital des Reaktanden (I)
: Energie vom HOMO-Molekülorbital des Reaktanden (I)
kann kleiner, gleich oder größer Null sein, d.h. die HOMO-LUMO-Wechselwirkungen im Übergangszustand können antibindend, nichtbindend oder bindend sein. Je größer die Koeffizienten bzw. sind (gleiches Vorzeichen vorausgesetzt) und je geringer die Energiedifferenz zwischen den HOMO- und LUMO-Energieniveaus der Reaktanden I und II, d.h. je kleiner der Betrag von ist, desto besser wird der Übergangszustand der einstufigen Cycloaddition energetisch stabilisiert (desto größer ist der Betrag von ).
Zur Vertiefung sei auf die Lerneinheiten Reaktivität: Störungstheorie (Klopman-Salem-Gleichung ) und Symmetrie: Orbitalsymmetrieerhalt bei chemischen Reaktionen verwiesen.
Literatur
Brückner, R.
(1996):
Reaktionsmechanismen: Organische Reaktionen, Stereochemie, moderne
Synthesemethoden. Spektrum Akademischer Verlag, ISBN: 3-86025-363-8
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